Schalke 04: Ist Di Matteo der Messias?

Auf Schalke hat die Hoffnung wieder einen Namen. Roberto Di Matteo soll die Knappen ab sofort zu standesgemäßen Auftritten in Liga und Champions League führen. Ob sich der Italo-Schweizer dabei besser anstellt als Ex-Coach Jens Keller, wird von der Expertenriege des Profifußballs höchst divers diskutiert. Nun mischt sich auch sportjargon.net in die Kontroverse ein.

Zugegeben: Im Vergleich zu Keller kann Di Matteo auf einige, beachtliche Erfolgserlebnisse zurückblicken. Einem Champions League-Sieg und einem Triumph im FA-Cup mit dem FC Chelsea und einem Aufstieg mit West Bromwich Albion kann der Deutsche, zumindest als Trainer, nichts entgegensetzen. Auf dem Papier lesen sich die Errungenschaften des 44-Jährigen wie das Portfolio eines angehenden Weltklasse-Managers.

Böse Zungen behaupten nun aber, besonders die Erfolge von Chelsea London im Jahre 2012 seien nicht der Verdienst von Roberto Di Matteo. „Die meisten glauben, dass es vor allem ein Triumph der erfahrenen Spieler wie Cole, Lampard, Drogba und Cech war“, erklärte beispielsweise der englische Journalist Tom Adams. Somit seien die wahren Fähigkeiten des neuen Schalke-Trainers laut Adams nicht seriös zu bewerten. Andere Kritiker von der Insel gehen sogar noch weiter. So verfüge Di Matteo laut Insiderberichten in England über einen schlechten Ruf. Dies soll vor allem auf eine fehlende Eigenständigkeit und gesteigerte Abhängigkeit von seinen Co-Trainern zurückzuführen sein.

Laut Vereinsseite hat es der ehemalige italienische Nationalspieler nach seiner festen Anstellung bei Chelsea im Sommer 2012 zudem nicht geschafft, die vom Verein geforderte offensiv orientierte Spielweise umzusetzen. Trotz Einkäufen wie Eden Hazard und Oscar konnte Di Matteo nach Vereinsmeinung den alten Haudegen im Team nicht die gewünschte neue Philosophie näherbringen, sodass dies den Coach seinen Kopf kostete.

Dass diese Bewertung der damaligen Situation durch die Vereinsoberen durchaus überzogen war, zeigt ein Blick auf die Bilanz. In den zwölf Ligaspielen der Saison 2012/2013 bis zur Entlassung Di Matteos gewann Chelsea siebenmal und verlor nur zwei Partien. Schlechter lief es in der Königsklasse. In einer starken Gruppe mit unter anderem Schachtar Donezk und Juventus Turin bedeuteten zwei Pleiten gegen die Genannten den Abstieg in die Europa League und das Aus des in Schaffhausen geborenen Übungsleiters.

Bis zu seiner Kündigung verlor er in der Spielzeit 2012/2013 also nur vier Spiele (die 1:4-Pleite gegen Atletico Madrid im Europäischen Supercup ausgenommen).
„Robbie“, so wie ihn seine Freunde in England nannten, scheint rein objektiv beurteilt demnach das Siegen zu verstehen. Sein Scheitern also nur Resultat unglücklicher Umstände? Dieser Eindruck wurde dieser Tage ebenfalls von prominenter Seite untermauert. Mit St. Petersburgs Trainer André Villas-Boas, Roberto Mancini und seinem Ex-Spieler und derzeitigen VfB-Profi Oriol Romeu fanden ehemalige Weggefährten nur positive Worte für Di Matteo. Ebenso bezeichnete Alfred Draxler, stellvertretender Chefredakteur der BILD-Zeitung, die Verpflichtung von Roberto Di Matteo für den FC Schalke 04 als „größten Coup seit der Unterschrift von Pep Guardiola beim FC Bayern“.

Rein wörtlich genommen mag diese Aussage stimmen. Wann unterschreibt schon ein Champions-League-Sieger als Trainer in der Bundesliga? Trotzdem: Das Recht tatsächlich mit dem spanischen Fußball-Gelehrten in einem Atemzug genannt zu werden, muss sich jedoch auch Di Matteo erst verdienen.

Einen ersten Schritt dorthin kann er schon in dieser Saison tun. Beispielsweise mit der Stabilisation der Schalker Abwehr und einem Husarenritt in die Champions League-Ränge. Alles andere wird ihm auch in Gelsenkirchen als Versagen ausgelegt werden und das kann sich im Ruhrpott derzeit niemand leisten. Am „Projekt Di Matteo“ hängt diesmal auch der Job von Manager Horst Heldt, der in vier Jahren seit 2010 weder in Felix Magath noch in Huub Stevens oder zuletzt Jens Keller den richtigen Coach für ein langfristig erfolgreiches Arbeiten fand.

Roberto Di Matteo muss nun gegenüber der Öffentlichkeit zum einen den Nachweis über seine eigene Qualität als Trainer erbringen und zum anderen durch schnelle Erfolge Heldts Position im Verein stärken, die einen weiteren Trainerwechsel wohl nicht verkraften würde. Glück auf!

Bundesliga: Drei Hochzeiten und mehrfach Totalausfall

Mit dem VfB Stuttgart, dem Hamburger SV und dem SV Werder Bremen belegen drei der deutschen Vorzeigemannschaften auf internationaler Ebene während der Nullerjahre die letzten Ränge der aktuellen Bundesligatabelle. Diese Entwicklung ist ebenso denkwürdig wie enttäuschend, hat sich aber in jüngster Vergangenheit in der offentlichen Wahrnehmung etabliert. Dieser Tage zieht sich ein anderer, ähnlich bedenklicher Trend durch die Eliteliga Deutschlands: Die Top-Teams der Bundesliga halten der Doppel-und Dreifachbelastung nicht stand!

In unterschiedlicher Ausprägung zeigen alle Spitzenmannschaften der letzten Saison außer dem FC Bayern eine oft erschreckende Inkonstanz. Während der Rekordmeister Schwächephasen mit dem auch in der Breite hochwertigen Kader auffängt und defensiv sehr sorgfältig arbeitet, kann die Konkurrenz maximal in einem Wettbewerb überzeugen.

Am besten lässt sich dieses Phänomen am Beispiel von Borussia Dortmund darlegen. In der Liga hat man nach sieben Spielen bereits vier Niederlagen hinnehmen müssen. Fazit: Platz 13 mit zwei Punkten Vorsprung auf einen Abstiegsrang. Ein ganz anderes Bild bietet sich in der Champions League. Hier steht der Finalist von 2012 mit zwei Siegen und keinem Gegentor auf Platz eins der Gruppe D. Allerdings: Beim 3:0 gegen Anderlecht boten sich den Belgiern aufgrund von Fehlern in der Dortmunder Defensive immer wieder Torgelegenheiten. Die Partie hätte auch deutlich enger laufen können.

Solche individuellen Patzer kennen auch die anderen deutschen Champions League-Teilnehmer. Nach Siegen in der Liga gegen formlose Bremer und Dortmunder war auf Schalke vermeintlich die Wende geschafft. In der Königsklasse gegen Maribor lud man kurz darauf aber den Gegner durch Stellungsfehler phasenweise zum Tore schießen ein. Mit Glück und Einsatz reichte es zum Remis. Das jüngste 1:2 in Hoffenheim war da nur der logische Schluss. Offensiv viel zu planlos, zu abhängig von Huntelaar und defensiv in der Entstehung der Gegentreffer mit lächerlichen Ballverlusten versuchte es die Mannschaft von Jens Keller zum Ende hin mit verzweifelter Härte. In der Länderspielpause wird im Pott viel geredet werden.

Sogar auf Roger Schmidts enorm gelobtes Bayer Leverkusen lässt sich die Kritik ausweiten. Besiegte das Team am Mittwoch noch Benfica Lissabon auf der großen Bühne glanzvoll und verdient mit 3:1, schenkte man dem SC Paderborn durch eigene Nachlässigkeiten zwei Tore. Probleme im Defensivbereich hatte die Werkself in dieser Spielzeit bereits gegen Bremen und Wolfsburg offenbart. Im Gegensatz zum BVB und S04 besitzt Bayer jedoch einen großen Vorteil: Die Angriffsreihe ist immer für ein Tor gut. Bellarabi, Son und Co. erspielten in allen Matches bisher konsequent aussichtsreiche Torchancen.

Fazit:

Schalke
zeigt sich in der Bundesliga insgesamt besser als international, hat aber in allen Spielen unverständliche Fehler in seinem Spiel. Verletzungen und die hohe Belastung scheinen sowohl an der psychischen als auch physischen Kraft zu nagen.

Dortmund kommt vor allem im Angriff nur in der Champions League ins Rollen. Gegen den HSV waren Torchancen wieder einmal Mangelware. Wettbewerbsübergreifend bleibt aber auch die Abwehr eine Schwachstelle.

Leverkusen ist im Vorwärtsgang immer gefährlich, leistet sich genau wie der BVB und die Königsblauen zu oft individuelle Ausfälle.

Schaffen die Teams es nicht, bei all ihren Aufgaben einem gewissen Standard zu entsprechen, werden die Ziele in den jeweiligen Wettbewerben deutlich nach unten korrigiert werden müssen. Eventuell auch zu Lasten der Fünf-Jahres-Wertung.

Eintracht Frankfurt: Der Felix oder Herr Hildebrand?

Die Knöchelverletzung von Eintracht Frankfurts Keeper Kevin Trapp, die er sich im Derby gegen Mainz 05 zugezogen hatte, schockte am Mittwoch die komplette Mainmetropole. Kurz nachdem Spekulationen über ein mögliches Interesse Borussia Dortmunds und anderer internationaler Spitzenclubs publik wurden, fällt der Torwart nun für drei Monate aus.

Dieser für Trapp und Coach Thomas Schaaf äußerst missliche Umstand katapultierte am heutigen Donnerstag jedoch einen allbekannten Ballfang-Veteranen zurück auf das saftige Bundesliga-Grün: Timo Hildebrand (35) steht den Hessen ab sofort bis zum Saisonende für alle Schandtaten zur Verfügung. Ob der Ex-Schalker, Ex-Ex-Hoffenheimer, Ex-Ex-Ex-Lissabonner, Ex-Ex-Ex-Ex-Valencianer und Ex-Ex-Ex-Ex-Ex-Stuttgarter aber auch in den nächsten Monaten im Kasten der Eintracht stehen wird, ist fraglich. Nummer zwei Felix Wiedwald (24) gab bis zu Hildebrands Verpflichtung auf der Torhüterposition den „Last Man Standing“ und spielt wohl nicht mit dem Gedanken, diese Stellung abzugeben. sportjargon.net gibt euch eine Übersicht über beide Schlussmänner und beurteilt die Sachlage bei der SGE.

Felix Wiedwald (bisherige Vereine: MSV Duisburg, Werder Bremen):

Seit Sommer 2013 steht der gebürtige Niedersachse in Frankfurt unter Vertrag. In dieser Zeit kam er in genau drei Pflichtspielen für die Eintracht zum Einsatz. Sein Pflichtspiel-Debüt gab er im Zuge einer personellen Rochade des damaligen Trainers Armin Veh im letzten Europa League-Gruppenspiel der vergangenen Saison beim 2:0-Sieg gegen Apoel Nikosia. Dort spielte er über 90 Minuten, hatte wenig zu tun, bewahrte sein Team dennoch mit einer starken und seiner einzigen Parade vor dem Rückstand. Anschließend folgten noch die Kurzeinsätze beim 0:5 gegen Bayern München in der letzten Spielzeit und am letzten Dienstag beim 2:2 gegen Mainz. Beide Male für den verletzten Trapp eingewechselt, beide Male ohne Chance sich auszuzeichnen.

Wesentlich mehr verrät da schon seine Zeit in Duisburg über Wiedwald. Nach seinem Wechsel zum MSV 2011 erkämpfte er sich den Stammplatz im Tor des damaligen Zweitligisten gegen den zunächst gesetzten Florian Fromlowitz. Ab dem 15. Spieltag der Saison 2011/2012 war er bis zu seinem Wechsel nach Frankfurt die unangefochtene Nummer eins. Seine Bilanz liest sich dabei mittelmäßig. In 49 Zweitliga-und zwei Erstligaspielen kassierte Wiedwald 65 Tore. Das sind im Schnitt 1,32 Tore pro Spiel. Somit verfügt er aber immerhin beispielsweise über einen besseren Durchschnitt als Paderborns Keeper Lukas Kruse, der auf 1,4 Gegentore pro Spiel im Profibereich kommt und mittlerweile in der Bundesliga spielt. „Wenn man in der zweiten Liga spielen kann, kann man auch in der ersten Liga spielen.“, sagte Wiedwald vor seinem Wechsel nach Frankfurt. Jetzt kann er es beweisen.

Timo Hildebrand (Bisherige Vereine: VfB Stuttgart, FC Valencia, TSG Hoffenheim, Sporting Lissabon, FC Schalke 04):

Nach seiner erfolgreichsten Zeit von 1999 bis 2007 beim VfB Stuttgart ergab sich für Hildebrand bei jedem Verein – außer beim kompletten Missverständnis in Lissabon – das gleiche Bild. Zuerst Schwierigkeiten, dann Stammkeeper. In Valenica wurde er zunächst von Torwart-Ikone Santiago Canizares und einer Rückenverletzung gehindert, gewann dann aber als Nummer eins mit starken Paraden die Copa del Rey. Ähnlich verhielt es sich auch nach seiner Rückkehr in die Bundesliga. Verletzungen machten ihm in Hoffenheim häufig zu schaffen, jedoch steckte er nicht auf und blieb bis zu seinem Abschied 2010 die Nummer eins. Bei seiner bislang letzten Station auf Schalke konkurrierte er lange sowohl mit Ralf Fährmann als auch Lars Unnerstall um die Position im Tor und ihm wurden kaum Chancen zugesprochen. Als sich beide Schlussmänner aber verletzten, schlug seine Stunde. Er empfahl sich trotz einiger Verletzungen und hütete längere Zeit das Gehäuse der Königsblauen, bis Fährmann sich zur Mitte der vergangenen Spielzeit seinen Platz an der Sonne zurückholte.

Angesichts dieses Karriere-/Leidensweges kann angenommen werden, dass Hildebrand auch eine Rolle als Nummer zwei annehmen würde. „Ich sehe meine Aufgabe darin, Felix Wiedwald zu helfen und ihn auf seinem Weg zu begleiten“, sagte der 35-Jährige auf der Pressekonferenz der Eintracht am Donnerstag und bestätigt damit unsere geäußerte Vermutung. Ebenso lässt sich anhand Hildebrands Historie jedoch auch feststellen, dass er wach sein wird, sollte Wiedwald schwächeln. Seine persönliche Quote unterstreicht indes, dass der gebürtige Wormser seinem jungen Konkurrenten in nichts nachsteht. In 399 Ligapflichtspielen bei all seinen Stationen im Profibereich kommt Hildebrand auf 324 Gegentore. Dies entspricht einer Quote von 0,8 Gegentreffern pro Spiel. Wie viel diese knapp 0,5 Tore Abstand schlussendlich im Duell mit Wiedwald wert sind, wird sich zeigen. Die Erfahrung steht dennoch klar auf seiner Seite.

Fazit:

Da Thomas Schaaf Felix Wiedwald bereits vor dem Hildebrand-Coup sein „vollstes Vertrauen“ aussprach und auch der Routinier bei der Pressekonferenz eher tiefstapelte, scheint der Youngster zunächst die neue Nummer eins der Hessen zu werden. Gegen Hildebrand sprechen zum einen die fehlende Spielpraxis, obwohl er sich zuletzt beim Karlsruher SC fit hielt, und zum anderen seine Verletzungsanfälligkeit. Sollte sich im Saisonverlauf jedoch eine Situation ergeben, in der Wiedwald überfordert wirkt oder ebenfalls ausfällt, kann sich die Eintracht auf den WM-Dritten von 2006 verlassen.

Werder Bremen: Gar nicht mal so gut

Erst ungeschlagen, jetzt sieglos. Nach drei Unentschieden und zwei Niederlagen steht der SV Werder Bremen schon wieder ganz unten in der Tabelle der Fußball-Bundesliga. Dabei schienen sich die Fans zu Beginn der Saison zu freuen, als die Hanseaten zunächst ohne Pleite starteten. Eventuell bleibt ja doch die im Voraus befürchtete Zittersaison aus. Eventuell sind die Befürchtungen bezüglich der mangelnden Konkurrenzfähigkeit des Kaders an den Haaren herbeigezogen. Eventuell steht man nach der Spielzeit ja ganz gemütlich im Mittelfeld der Tabelle.

All diese Theorien erweisen sich nun als so wenig sattelfest wie die Bremer Abwehr. Beim 0:3 gegen Schalke offenbarte das Team von Trainer Robin Dutt erneut Schwächen in allen Mannschaftsteilen. Jene waren zwar bereits in den vorigen Spielen ebenfalls zu bestaunen, dort milderte meist jedoch ein Punktgewinn den Ärger über die eigenen Fehler. sportjargon.net schaut nun genau hin und sagt, was im Spiel der Werderaner falsch läuft.

1. Die Defensive lässt zu viel zu.

Werder Bremen hat in fünf Ligaspielen bereits 13 Tore kassiert. In der vergangenen Saison waren es zum gleichen Zeitpunkt nur acht. Tore wie beim 1:1 von Roberto Firmino gegen Hoffenheim, bei denen ein langer Ball reicht, um die komplette Abwehr auszuhebeln, dürfen so nicht fallen. Die Verteidigungslinie steht oft unsortiert und begeht individuelle Fehler. Bestes Beispiel dafür das 0:1 aus der jüngsten Pleite gegen Schalke. Galvez schafft es nicht, einen langen Abschlag von S04-Keeper Fährmann unter Kontrolle zu bringen, bevor Max Meyer sich des Balles annahm, die gesamte Abwehr ungehindert durchquerte und erfolgreich abschloss. Ein solch offenes Defensivverhalten legte man außerdem beispielsweise in der Partie gegen Bayer Leverkusen an den Tag, welche man einzig aufgrund des Unvermögens der Nordrhein-Westfalen nicht verlor. Mit derartigen Leistungen in der Hintermannschaft ist der Abstiegskampf vorprogrammiert.

2. Mangelhafte Ausbeute im Angriff.

Trotz der schwachen Defensive kam Werder bisher in der Offensive immer zu seinen Chancen. Gegen Schalke war Bremen in der ersten Halbzeit das präsentere Team und hatte ordentliche Gelegenheiten, während den Königsblauen nach vorne nichts einfiel. Dennoch vergab man die Möglichkeiten zu fahrlässig. Ähnlich lief es auch gegen Augsburg. Beide Teams hatten gefährliche Situationen, aber der FCA war konsequenter. So hatten die SVW-Neuzugänge Fin Bartels in der ersten Halbzeit und Izet Hajrovic im zweiten Durchgang aussichtsreiche Tormöglichkeiten, um das Spiel in Richtung der Bremer zu kippen, scheiterten jedoch an Augburgs Torwart Marwin Hitz. Sogar gegen Leverkusen – in einem Spiel, in dem man eigentlich hoffnungslos unterlegen war – hätte der Sieger Werder Bremen heißen können. Davie Selke aber nutzte eine Viertelstunde nach der Pause seine große Chance nicht zum zwischenzeitlichen 2:3 für die Norddeutschen. In solchen Situationen bedarf es größerer Kaltschnäuzigkeit, um in der Zukunft vor allem gegen die direkten Konkurrenten im Abstiegskampf zu punkten.

3. Spielerisch bringt Bremen wenig zustande.

Ansehnliche Kombinationen und gut herausgespielte Torchancen sieht man in der Hansestadt zu wenig. Wenn Gefahr entsteht, dann meist über Standardsituationen oder Einzelaktionen. Starke Spielzüge, wie beim 1:0 von Selke gegen Augsburg, sind die Ausnahme. Die personelle Lage im Offensivbereich könnte dafür eine Erklärung sein. Manager Eichin hatte im Vorfeld massiv für eine Verstärkung des Teams gekämpft und wurde nur schwerlich erhört. Die Neuzugänge Bartels und Hajrovic kommen nur mäßig in Fahrt. Letzterer hat keines der bisherigen fünf Ligaspiele über 90 Minuten bestritten und durfte weder ein eigenes Tor noch eine Vorlage bejubeln. Im Gegensatz dazu kann Bartels regelrecht aufatmen. Er schaffte sowohl einen Treffer als auch einen Assist. Will Werder mit dem Abstieg nichst zu tun haben, genügen die Gefährlichkeit nach Standards und der gute Franco di Santo in der Spitze nicht. Die Mannschaft muss mehr für das Spiel tun und sich selbst Gelegenheiten erarbeiten. Nach dem 0:2-Rückstand gegen Schalke hatte Bremen nur zwei annehmbare Chancen. Beide nach Freistößen. Wie das Spiel ausging, ist bekannt.

Hamburger SV: Nur die Wunden brechen auf!

In Hamburg bröckeln die Mauern des in der Sommerpause erbauten Luftschlosses. Bei Hannover 96 setzte es eine 0:2-Niederlage, durch welche die Hansestädter mit nur einem Punkt in der Tabelle weiter ganz unten stehen.

Dabei sollte im Nordderby alles besser werden im Vergleich zur Klatsche gegen Paderborn. Personell runderneuert wollte Trainer Mirko Slomka jetzt aber nun wirklich die lang ersehnte Aufbruchstimmung heraufbeschwören. Ein frommer Wunsch.

Die neu formierte Defensive zeigte sich besonders in der ersten Hälfte ungeordnet und verletzlich. Der zweite Treffer durch Arthur Sobiech offenbart die Unsicherheit der Hamburger am besten. Joselu konnte sich ungehindert durch den Strafraum bewegen und den Polen bedienen (24.) Die Abwehrreihe immer einen Gedanken hinterher.

Diese fehlende Geistesfrische hatte sich bereits zuvor angedeutet. Beim 0:1 war die Flanke des Chilenen Albornoz lange genug in der Luft, um als Abwehrspieler sein Stellungsspiel danach auszurichten. Dennoch verlor Ostrzolek das Kopfballduell gegen 96´s Mittelfeldmotor Andreasen – der Ball schlug ein (13.). Die Performance des Neuzugangs vom FC Augsburg war generell ein Sinnbild für die Hamburger Interpretation des Defensivspiels im ersten Abschnitt. Dem Gegner zu viel Raum gelassen und sich selbst durch hartes Einsteigen in die Bredouille gebracht.

Im Angriff schlug der HSV die Offerten der Hannoveraner Verteidigungslinie konsequent und sorglos aus. Schaffte Slomkas Team es nur selten, sich aus eigenem Antrieb in die Gefahrenzone zu kombinieren und operierte offensiv eher mit der rostigen Kneifzange anstatt mit dem effizienten Seitenschneider, legte ihnen 96 bereitwillig die Gelegenheiten auf. So konnte sich HSV-Debütant Nicolai Müller kurz nach der Pause nach einem Fehler von Sakai die Ecke aussuchen, vermochte mit dieser Entscheidungsfreiheit jedoch nicht umzugehen: Er verzog (47.). Ähnlich erging es dem letztjährigen 96-Leihspieler Artjoms Rudnevs. Der Lette bewahrte durch seine mangelnde Chancenverwertung Hannover vor wackligen Knien in der Schlussphase (65./90.).

In dieser Phase waren die Gäste unweigerlich das präsentere Team. Ohne erfolgreichen Torabschluss war jedoch jede Mühe vergebens. Die schlechte Organisation in der Defensive bedeutete, ergänzt um eine klägliche Chancenausbeute, die dritte Pleite in Folge und das dritte von drei Ligaspielen ohne eigenes Tor.

Interessant: In der zweiten Hälfte kamen beim Stand von 0:2 neben Rudnevs mit Arslan und Jiracek zwei defensive Mittelfeldspieler. Aufbruch wirkt anders, Herr Slomka.

Kommentar: Beste Liga der Welt bleibt Wunschtraum

Der erste Samstag der Saison ist gespielt und er hält sofort eine Erkenntnis bereit. Wie in den vergangenen Spielzeiten scheint jedes Team in jeder Partie als Sieger vom Platz gehen zu können. Lediglich Hoffenheim und Leverkusen konnten sich in ihren Spielen einen Sieg mit mehr als einem Tor Unterschied erarbeiten. Der Rest lieferte sich ausgeglichene Duelle, in denen sowohl der Eine als auch der Andere hätte obsiegen können.

Nun ist es eben jene Spannung, die in der Argumentation vieler Experten den Unterhaltungswert und den sportlichen Reiz der Bundesliga ausmacht. Einige sprechen in diesem Zusammenhang sogar von der „Besten Liga der Welt“. Dennoch stimmen die jüngsten Ergebnisse in dieser weltmeisterlichen Staffel nachdenklich. Wenn sich ein sinnvoll verstärktes Team wie der FC Schalke 04 im Spiel gegen Hannover 96 nach guter Performance zu Beginn – inklusive Führungstor – vom Ausgleich derart beeinflussen lässt, dass dies zu Ballverlusten wie von Neustädter vor dem 2:1 führt, darf auf internationaler Ebene Schlimmes befürchtet werden. Ähnliche Fehler bedeuteten im letzten Jahr schmerzvolle Pleiten gegen die Berufskanoniere von Real Madrid und das Scheitern im Achtelfinale der Champions League. Findet diese Unsicherheit in den nächsten Spielen ihre Fortsetzung, genügen S04 jedoch auch die nationalen Ergebnisse zum öffentlichkeitswirksamen Flächenbrand.

Eben jenem wollte Bremens Manager Thomas Eichin mit seinem Gesuch nach Verstärkungen beim Aufsichtsrat des SVW vorbeugen. Eine zusätzliche Finanzspritze für den Erwerb von Fulhams Bryan Ruiz und damit von mehr offensiver Durchschlagskraft blieb den Verantwortlichen aber verwehrt. Das übrige Personal bot derweil dem Publikum in Berlin im Wechsel mit der Defensive von Hertha BSC hanebüchene Stellungsfehler, die das belebte 2:2 ermöglichten.

Der gemeine Fussballfan freut sich über viele Tore. Mir macht ein solches Spiel Sorge um den sportlichen Wert unserer Liga. Eine Vielzahl an Toren und Spieltage mit neun knappen Ergebnissen klingen verlockend, täuschen aber über die Tatsache hinweg, dass der Großteil der Liga dem internationalen Vergleich nicht standhält.

Besonders in der Spitze vergeigten Top-Mannschaften wie Schalke und Wolfsburg ihre Testspiele reihenweise und schleppten sich durch die ersten Pflichtbegegnungen. Diesbezüglich schaue ich wehmütig nach England. Statt Spannung in jedem Spiel zu versprühen, begeistert die Premier League jährlich mit sieben Kandidaten für die Meisterschaft. In Zukunft wird man sich entscheiden müssen: International konkurrenzfähig oder national ausgeglichen.


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Bayern läuft sich die Müdigkeit aus den Knochen

Von WM-Erschöpfung oder siegestrunkener Lethargie war am Freitag in München keine Spur. Beim Eröffnungsspiel der Bundesligasaison 2014/2015 zwischen dezimierten Wolfsburgern und noch dezimierteren Bayern waren es gerade die WM-Fahrer, die für das Salz in der Suppe sorgten. Trainer Pep Guardiola  prognostizierte vor dem Spiel aufgrund der Überlastung eine schwierige erste Saisonhälfte. Diesen Eindruck erweckten seine Spieler besonders im ersten Durchgang der Partie nicht.

Nach zögerlicher Anfangsphase initiierte der FCB immer wieder Angriffe über die linke Seite. Kapitän Lahm, Müller und der lauffreudige Robben trieben den Ball vermehrt in die Tiefe. Gerade der Niederländer, der im Vorfeld der Begegnung auf der Kippe stand, da ihm aus Sicht Guardiolas die Spielpraxis fehlte, überzeugte mit schnellen Dribblings, trickreichen Finten und einer enormen Laufleistung.

Die erste große Möglichkeit hatte Neuzugang Robert Lewandowski, als VfL-Keeper Max Grün einen Müller-Schuss abprallen ließ und der Pole den Ball nicht über die Linie drücken konnte. In den folgenden Minuten brachte Bayern mehr Gefahr ins Spiel und nagelte Wolfsburg in der eigenen Hälfte fest. Die Mannschaft von Coach Dieter Hecking konnte kaum Offensivaktionen kreieren. Defensiv sah man sich zunehmend größeren Belastungen ausgesetzt. Zunächst konnte Grün eine Direktabnahme Lewandowskis noch vereiteln, ehe Robben wenig später Luiz Gustavo auf der linken Seite aussteigen ließ und den Ball nach innen legte, wo Thomas Müller das 1:0 erzielte (37.).

Nach der Pause schien die Entscheidung schnell gefallen. Robben beraubte den ansonsten gut agierenden Guilavogui des Balles und trieb einen Konter selbst voran, den er nach Vorarbeit von Lewandowski elegant abschloss (47.). Wer nun befürchtete, dass der FC Bayern das Spiel nach bekanntem Schema über die Zeit bringen würde, wurde von VfL-Stürmer Ivica Olic eines Besseren belehrt. Ansatzlos zog der Kroate an der Strafraumgrenze ab und schweißte das Leder fünf Minuten nach dem 2:0 unhaltbar ins lange Eck (52.).

Der Anschlusstreffer verschaffte den Gästen einen zusätzlichen Schub und rief bei den Bayern leichte Verunsicherung hervor. Außer einem Eins-gegen-Eins, das Lewandowski gegen Grün verstolperte, gab es längere Zeit keine Chance für die Münchener. Meist fehlte nach gutem Spielaufbau der letzte Pass. Stellvertretend für die Unsicherheit der Gastgeber in dieser Phase war ein Missverständnis zwischen FCB-Schlussmann Neuer und seiner Hintermannschaft. Nach einem langen Ball versuchte der Torwart den Ball weit vor seinem Kasten zu klären, verpasste das Spielgerät und ermöglichte Kevin de Bruyne fast die Gelegenheit zum Ausgleich. Besser postierte sich der Keeper gute zehn Minuten später, als Wolfsburgs Malanda frei vor dem Tor auftauchte und Neuer seinen Schuss an die Latte lenkte. Der Abpraller landete erneut vor den Füßen Malandas, der die Kiste vor Überraschung kläglich verfehlte. In den Schlussminuten drängte der VfL noch energischer auf das 2:2.

Die entstehenden Räume nahm Bayern dankend an und kam durch Konter zu guten Möglichkeiten. Ein Schuss vom eingewechselten Sebastian Rode aus 18 Metern schlug zwar im Tor ein, wurde jedoch aufgrund einer vermeintlichen Abseitsposition Müllers fälschlicherweise zurückgepfiffen. Für die Vorentscheidung konnte anschließend auch der überragende Robben nicht sorgen. Nach einem steilen Ball von Rode traf er nur den Querbalken. Des Weiteren rettete Max Grün gegen Shaqiri und Bernat.

Trotz mangelnder Chancenverwertung ließ sich der Rekordmeister den Sieg nicht mehr nehmen, da die Wolfsburger ihre Großchancen nicht nutzten und ansonsten ungefährlich blieben. In der Defensivarbeit lieferten beide Mannschaften eine ansehnliche Vorstellung. Der VfL verstand es dabei, besonders zu Beginn der Partie und nach dem Anschlusstor aggressiv gegen den Ball zu arbeiten. Die Bayern hatten insgesamt die gefährlicheren Situationen, wobei die Weltmeister und Wirbelwind Robben die größten Brandherde im vielbeinigen Dickicht der gegnerischen Abwehr waren. Ein 2:2 war möglich. Der Sieg war verdient.

 

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